Experiment: Elektrophysiologie an der Venusfliegenfalle
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Experiment: Elektrophysiologie an der Venusfliegenfalle

Elektrische Impulse strömen nicht nur durch Herz, Muskeln und Gehirne von Tieren. Manche Pflanzen benutzen sie genauso um Bewegungen einzuleiten. In diesem Pflanzenelektrizitätexperiment, werden wir die Pflanze benutzen, die einst Darwin als eine der "schönsten überhaupt" bezeichnet hat: die Venusfliegenfalle.

Dauer 1 Stunde
Schwierigkeitsgrad Mittel

Was lernt man hier?

In diesem Experiment wirst du etwas über Pflanzenelektrophysiologie lernen und ein Aktionspotential der Venusfliegenfalle messen.


Hintergrund

Ein Nervensystem erlaubt es dir deine Umwelt wahrzunehmen und auf ihre Veränderungen zu reagieren (im Idealfall). Tiere besitzen ebenfalls eins, Pflanzen nicht. Jedoch hindert es sie nicht daran Reaktionen auf äußere Einflüße zu zeigen. Pflanzen werden offensichtlicherweiße durch Reize beeinflusst. Die Pflanzen bei dir zu Hause zum Beispiel recken langsam ihre Blätter dem Sonnenlicht entgegen, wachsen an hellere Stellen und öffnen ihre Blüten meist nur unter Tags. Bei manchen Pflanzen sind diese Reaktionen allerdings noch viel beeindruckender, wie zum Beispiel bei der Venusfliegenfalle und der sensitiven Mimosa.

The Venusfliegenfalle kommt ursprünglich aus Sumpfregionen North Carolinas in der USA und wachsen in sehr nährstoffarmen, wasserdurchtränkten Boden. Deswegen fängt und isst sie Insekten. Stickstoff und Phosphor kann sie nicht aus dem Boden ziehen, braucht es aber um Aminosäuren, Nukleinsäuren und andere Moleküle zu bilden (da sie ja eine Pflanze ist, kann sie natürlich auch Photosynthese betreiben und sich ihr eigenes Essen in Form von Zucker durch das Sonnenlicht und Kohlenstoffdioxid herstellen).

Wenn du genau hinschaust siehst du dass die Venusfliegenfalle kleine Härchen im Inneren ihrer Klappe hat. Sie werden auch Trichome genannt und sitzen zu dritt auf den beiden Blattinnenseiten.

Sobald ein Insekt eines dieser Härchen berührt, führt das zu einem Aktionspotential im Blatt. Hierbei handelt es sich allerdings um eine andere Art von Aktionspotential verglichen zu den tierischen, die wir schon in anderen Experimenten kennengelernt haben. Dieser Spike basiert auf der Bewegung von Kalzium, Kalium and Chloridionen. Aktionspotentiale unserer Nervenzellen und Muskeln basieren auf dem Fluss von Natrium und Kalium. Und das Pflanzenaktionspotential ist viiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiel länger als alles was wir zuvor gesehen haben.

Sobald der Auslöser zweimal innerhalb 20 Sekunden "gedrück" wird (zwei Aktionspotentiale binnen 20 Sekunden), schließt die Falle. Die Bewegung wird nicht von Muskeln hervorgerufen (diese besitzen Pflanzen nicht), sonder vielmehr durch eine schnelle änderung der Blattkrümmung der Blätter. Die meist verbreitete Theorie besagt, dass die Bewegung durch rasche Wasserdiffusion in den Zellwänden erfolgt. Die änderung des osmotischen Drucks im Pflanzeninneren lässt die Falle zuschnappen. Der exakte Mechanismus ist immer noch nicht bekannt und Bestandteil der aktuellen Forschung. Die Aktionspotentiale sind von Pflanze zu Pflanze unterschiedlich und können aufgrund äußerer Einflüsse manchmal nicht ausgelöst werden (Temperatur, Jahreszeit, Zustand der Pflanze, Feuchtigkeit etc.). Da sehen wir auch den großen Unterschied zu unseren Spikes. Für die Venusfliegenfalle ist ein nicht hervorgerufenes Aktionspotential nicht so tragisch wie es bei uns sein könnte (z.B. im Herzen).

Das Plant SpikerShield lässt uns endlich Pflanzenaktionspotentiale live betrachten! Willkommen in der Welt der Pflanzenelektrophysiologie!

Downloads

Bevor es losgeht, schau' dass du den Backyard Brains Spike Recorder und das Arduino Programm auf deinem Computer installiert hast. Der Arduino "Sketch" ist bereits auf deinem Arduino vorinstalliert, falls aber mal was nicht stimmt kannst du die Software benutzen um ihn neu aufzusetzen. Mit dem Backyard Brains Spike Recorder Programm kannst du deine Daten während dem Experiment anschauen und speichern. Hier findest du ein Software Video dass dir alles erklärt!

Tutorial Video des Experiments

Unter anderen im August 2014 am Marine Biological Laboratory in Woods Hole, Massachusetts, gedreht. Vielen Dank dem 2014 Methods in Computational Neuroscience Kurs, dass wir dort sein durften um zu lehren und neue Experimente zu entwickeln. Das Video unten ist eine geupdatete version vom Dezember 2015.

Ablauf

In diesem Experiment werden wir Aktionspotentiale, die Pflanzenzellen entspringen, messen!

  1. Benutz' dein Plant SpikerShield Bundle das alles beinhaltet, was du brauchst (außer der Pflanze). Der beigefügte modifizierte Verstärker hat niedrigere Frequenzfiltereinstellungen (0.6 - 129 Hz) und eine niedrigern Gain (20-100 fache Verstärkung des Signals) um die Fliegenfallenaktionspotentiale aufzunehmen.
  2. Im Grunde genommen fehlt nur die Venusfliegenfalle. Bei uns in Deutschland findet man sie in fast jeder Gärtnerei oder in Baumärkten.
  3. Entscheide dich für eine offene Fliegenfalle und schmier' ein kleines bisschen Elektrodengel auf eine der beiden Blattaussenseiten. Steck' nun einen der beiden roten Stifte mit dem herumgewickelten Draht so in den Boden, dass der Draht den Elektrodengelklecks berührt. Wahlweise kannst du auch das Elektrodengel direkt auf den Draht platzieren und damit die Pflanzenaussenseite berühren. Das benötigt ein bisschen Fingerspitzengefühl, aber du hast dir ja hoffentlich ein bisschen Zeit für dieses Exeriment genommen.
  4. Jetzt steck' den Draht mit der Nadel für die Erdung in die..... richtig! ERDE!
  5. öffne das Spike Recorder Programm und schau' ob du eine sich bewegende farbige Linie siehst. Zoom rein und raus (Y-Achsenskala) indem du auf das + oder - Symbol links mittig klickst. Du kannst auch die Zeitachse verstellen (X-Achse) indem du mit deinem Mausrad scrollst oder indem du mit zwei Fingern über den Bildschirm bzw Touchpad fährst.
  6. In den Einstellungen (Zahnradsymbol links oben) kannst du auf das connect USB Port Symbol klicken, oder sobald du das Plant Spiker Shield anschaltest sollte das"plug Symbol" in der Normalansicht erscheinen.
  7. Nun sollte die Linie auf deinem Display flach sein, das ist die Pflanze! Vergiss nicht den "Record" Knopf zu drücken (roter Kreis rechts oben) um deine Daten als .wav Datei zu speichern.
  8. Berühre jetzt eins der Härchen mit einem NICHT leitenden Gegenstand (z.B. Plastikstab). Mit der SpikeRecorder nimmst du gerade einen langen Auschlag auf...Herzlichen Glückwunsch, du hast gerade zum ersten Mal ein Pflanzenaktionspotential gemessen. Oft unfassbar ähnlich verglichen mit unseren Aktionspotentialen, die durch all unsere Körperteile fließen und uns funktionieren lassen.
  9. Wenn das Aktionspotential zu groß ist und du sogenannte "flache Dächer" siehst, ist dein Gain zu hoch eingestellt und du solltest ihn an deinem SpikerShield verringern. Es besitzt ein Verstärkungsregler, der gegen den Uhrzeigersinn gedreht den Gain erhöht und im Uhrzeigersinn gedrehtden Gain verringert. Das ist ein bisschen unintuitiv aber mit einer Viertelumdrehung solltest du eigentlich sehr gute Signale sehen.
  10. Willst du dir noch vieler dieser Musteraktionspotentiale der gleichen Pflanze anschauen? Eventuell miteinander vergleichen? Dann solltest du unbedingt 20-30 Sekunden warten bevor du ein Härchen zum zweiten Mal berührst. Denn sonst schließt sich die Falle und das heißt: "keine Spikes mehr für dich". Falls du aus Versehen die Pflanze zum Schließen gebracht hast oder dir das Signal anschauen wolltest, knöpf dir einfach die nächste vor oder warte ein bis zwei Tage bis die Falle sich wieder öffnet...
  11. Um deine Daten zu analyzieren (Dauer der Aktionspotentiale oder Zeit zwischen Aktionspotentialen etc.) kannst du die .wav Dateien öffnen indem du auf den "open Knopf" drückst. Der mit den drei vertikalen Linien neben dem "Record" Symbol.
  12. Ausgezeichnet! Ein Pflanzen-Spike! Das kann der Anfang einer Pflanzenelektrophysiologenkarriere sein!

Diskussion / weiterführende Experimente

  • In der Tat feuern viele Pflanzen Aktionspotentiale, nicht nur die sich schnell bewegenden wie die Fliegenfalle oder die Mimosa. Dieses Wissenschaftsfeld wird "plant electrophysiology" gennant (Elektrophysiologie in Pflanzen). Ein erst kürzlich erschienener Artikel in dem Fachmagazin Nature zeigt wie elektrische Potentiale entlang einer Pflanze wandern nachdem ein Blatt verletzt wurde. Dieses Wissenschaftsfeld ist eher dünn besiedelt; das heißt hier gibt es noch sehr viel zu entdecken.
  • Ist es dir schon passiert, dass du manchmal einen Pflanzen-Spike messen kannst und manchmal nicht? Du könntest eine Studie über die Abhängigkeit von Aktionspotentialen zu Temperaturen, Jahreszeiten, Luftfeuchtigkeit etc. durchführen. Oder wie sich die Form des Aktionspotentials unterscheidet zwischen Pflanzen, oder sogar zwischen Fallen? ändert sich die interne 20 Sekundenuhr ebenfalls abhängig von der Temperatur? ändert sich der Zeitverlauf des Aktionspotentials mit dem Alter der Pflanze? Viele Fragen, stellen du kannst.
  • Die obere Abbildungen sind normalisiert und zeigen, dass das Ruhepotential 0 mV beträgt. Allerdings wird das Ruhepotential der Pflanzenzellen wohl ein anderes sein, wie könnten wir das messen?
  • Abschließend bleibt uns nur noch zu sagen, dass wir leider keine Pflanzenphysiologieexperten sind. Wir sind immer offen für Korrekturen und Kommentare, schreibt einfach eine e-Mail an uns damit wir immer weiter diese Experimentieranleitung und Experimentierideen entwickeln können!