Experiment: Miss' und analysiere Signale lebendiger Nervenzellen
Bist du stolzer Besitzer einer SpikerBox und fragst dich wie man sie am besten benutzen kann? In diesem Experiment kannst du Aktionspotentialen lauschen und diese "Spikes" in Echtzeit sehen. Dies' ist der perfekte Start dich mit deiner SpikerBox vertraut zu machen. Dieses Experiment ist ein super Einstieg in die Elektrophyisiologie und sogar für junge Schüler geeignet. Beobachte Aktionspotentiale 'live' und entdecke den Wissenschaftler in dir!
Was lernt man hier?
Ein klasse Einstiegsexperiment um das Prinzip von Aktionspotentialen zu verstehen. Nach diesem Experiment hast du verstanden, was Nervenzellen sind, wie diese miteinander sprechen und wie du Spikes mit der SpikerBox messen und aufnehmen kannst!
Voraussetzung
- Keine
Einführung
Dein Gehirn benutzt eine Kombination von chemischen Verbindungen und Elektrizität um zu kommunizieren. Nervenzellen sprechen zueinander um alle deine Körperfunktionen zu steuern. In jeder Lebenssituation, egal ob du gerade aus dem Bett kriechst oder deinen gute Nacht Tee trinkst, müssen Nervenzellen Signale durch deinen Körper schicken und diesen steuern. Ein Gehirn mit nur einer Nervenzelle kann kein Gehirn sein!
Ein Gehirn ist vielmehr ein Netzwerk oder eine Freundschaft von Neuronen (anderes Wort für Nervenzelle). Dein Gehirn besitzt und benutzt mehrere hundert Millionen dieser Neurone! Aber wie können so viele Nervenzelle miteinander kommunizieren? Eine der ersten Methoden wie Nervenzellen sich miteinander vernetzt haben um Informationen auszutauschen war und ist die chemische Verbindung.
Bakterien benutzen diese Methode immer noch. Sie funktioniert sehr gut, ist nur leider von einem Faktor abhängig: Diffusion. Das bedeutet wie schnell Teilchen durch ihre Eigenbewegung von einem Ort zum anderen kommen. Zum Besipiel: Wenn du in einem Zimmer an einem Ende einen Geruch frei lässt, wie lange dauert es, dass dies eine andere Person am anderen Ende des Zimmers riechen kann? Da muss es doch einen schnelleren Weg geben. Eine Möglichkeit ist, dass man Zellen näher zusammen bringt indem man sie zum Beispiel von einem Ende des Zimmers zum anderen verlängert (vergleichbar mit dem Legen eines Rohres).
Allerdings gibt's jetzt ein neues Problem. Das Signal muss einen weiten Weg wandern um von einem Ende der Zelle zum anderen zu gelangen. Kann man das irgendwie beschleunigen? Was für ein Signal wird heutzutage viel benutzt und ist sehr schnell?
Elektrizität! Das beste Beispiel ist, wie schnell die Lichter in deinem Haus angehen wenn du den Schalter betätigst. Nervenzellen benutzen ebenfalls Elektrizität; Elektrische Impulse wandern Nervenzellen entlang. Diese Impulse nennen wir Aktionspotentiale oder Spikes.
Wir von Backyard Brains widmen uns genau diese Spikes besser zu erforschen und du kannst uns dabei helfen! Was ist wohl die beste Möglichkeit Nervenzellen zu untersuchen? Nach 380 Millionen Jahren Evolution zählt eine Insektengruppe zu den Meistern des Überlebens: die Kakerlaken. Man kann im Grunde jede Spezies für dieses Experiment benutzen, aber umso größer desto besser. In unseren Demos benutzen wir die Kakerlake (Blaberus discoidalis). Sie kommen ursprünglich aus dem Amazonasgebiet in Südamerika und leben unter der Rinde verottender Bäume.
Wie die meisten mehrzelligen Tiere (sozusagen alle Spezies, die weiter entwickelt sind als Schwämme), sind die Körper von Kakerlaken mit Nerven gefüllt (Nerven sind Nervenzellbündel), die ihre Bewegungen und ihre Sinne kontrollieren. Wie oben beschrieben benutzen Neurone eine Kombination aus elektrischen und chemischen Signalen um miteinander ein funktionelles Netzwerk zu bilden.
Aber: Wie schafft es eine Nervenzelle elektrische Impulse zu generieren? Das liegt an den Konzentrationsunterschieden von Ionen und Spannungsunterschieden zwischen der Innen- und Aussenseite eines Neurons. Ionen sind geladene Teilchen, die durch Kanäle fließen können und dadurch elektrische Spannungsveränderungen verursachen.
Wenn Natrium und Kalium durch die Membran (Hülle des Neurons) fließen, verursacht das eine Veränderung der elektrischen Ladung zwischen Innen- und Aussenseite der Nervenzelle (Spannung). Dieser Vorgang führt zu einem Aktionspotential, auch Spike genannt!
Was passiert wenn der Spike das Ende des Axons erreicht? Botenstoffe, auch Neurotransmitter gennant, werden in die Synapse ausgeschüttet. Diese docken an der Membran der nächsten Nervenzelle an und verursachen eine erneute Spannungsänderung. Das heißt, dass (die meisten) Nervenzellen gar nicht direkt miteinander verbunden sind, sondern über chemische Prozesse in der Synapse miteinander 'reden'.
Genug Theorie, jetzt wollen wir endlich mal so ein Aktionspotential messen!
Video
Vorgehensweise
- Nimm' eine Kakerlake und setz' sie in ein Glas mit Eiswasser. Warte ein paar Minuten bis sie sich nicht mehr bewegt.
- Nimm' die Kakerlake aus ihrem Eisbad und entferne eines ihrer Beine. Benutze hierfür eine Pinzette oder deine Finger und zieh' das Bein körpernah am Femur heraus. Keine Sorge, das Bein hat sich über die Jahrmillionen so entwickelt, dass es leicht an diesem Glied bricht (genauso wie ein Eidechsenschwanz) und nach 125 Tagen wird es zu seiner vollen Größe zurückwachsen. Anmerkung: früher haben wir das Bein abgeschnitten, doch uns ist aufgefallen, dass es besser zurückwächst wenn wir es herausziehen.
- Setz' die Kakerlake zurück in ihr Haus. Sie wird das locker überleben und das Bein wird zurückwachsen, wenn sie sich noch nicht in ihrem adulten Stadium befindet (d.h. wenn sie noch keine Flügel hat).
- Platziere das Bein auf die Korkplatte deiner SpikerBox.
- Jetzt steck die zwei Elektroden in das Bein:
- Mach' deine SpikerBox an! Falls du Popcorngeräusche hörst, Glückwunsch, du hast gerade zum ersten Mal Neurone gehört! Jetzt schauen wir uns noch die elektrischen Spannungsänderungen genauer an. Verbinde die SpikerBox mit deinem Smartphone oder deinem Computer (Lautsprecherbuchse) mit dem Soundkabel. Öffne die SpikeRecorder App deines Mobiltelefons oder deines Computers. Du solltest Folgendes sehen:
- Zoom rein, or wähle den 'Threshold View Modus' (Schwellenwertmodus) und du wirst sehen, dass deine Spikes genauso so ausschauen:
Anmerkung: Du kannst das Experiment auch mit Heuschrecken machen, wenn du keine Kakerlaken findest. Oft kann man diese auf Wiesen finden oder in einer Kleintierhandlung erwerben, da sie als Reptilien und Amphibienfutter benutzt werden.Während du die Aktionspotentiale hörst und siehst öffnen und schließen sich Ionenkanäle. Ionen wechseln die Außen- und Innenseiten der Nervenzellen im Kakerlakenbein und verursachen die elektrischen Impulse!
Du hast noch nicht genug?
- Im vorherigen Experiment hast du extrazellulär von Nervenzellen abgeleitet, das heißt, deine Elektrode misst die Elektrizität außerhalb der Neuronen. Wie würden sich die Signale bei einer intrazellulären Aufnahme (Elektrode misst die Spannung aus dem Inneren einer Nervenzelle) unterscheiden? Wäre die Amplitude deiner Spike die gleiche? Wären die positiven und negativen Spannungsauschläge gleich? (Kleine Hilfestellung: Vielleicht solltest du dir noch einmal die Elektrophysiologiesektion anschauen um dein Wissen über die Unterschiede der beiden Aufnahmetypen aufzufrischen.)
- Was ist die Ursache der Spikes? Oder noch genauer gefragt, was passiert wenn dein Spike positiv ist? Was passiert wenn er negativ ist? Wichtig und noch einmal: Es handelt sich um eine extrazelluläre Aufnahme in unserem Experiment, das heißt wir detektieren die Spannungsänderungen die an der Aussenseite unserer Nervenzellmembran passieren.
- Wieso hört die Kakerlake auf sich zu bewegen, wenn wir ihre Körpertemperatur verringern? Wie könnte man sie noch betäuben?
- Du hast bereits Resultate eines neurowissenschaftlichen Experiments! Was denkst du, hörst du hauptsächlich die Aktivität von Motorneuronen (Nervenzellen, die Muskeln zum anspannen bringen) oder die Aktivität von sensorischen Neuronen (Nervenzellen, die Sinneseindrücke in Elektrizität umwandeln und diese Information zum Gehirn senden). Warum?
- Was für Veränderungen in deinen Signalen siehst du wenn du auf dein Präparat pustest? Sind diese Signale die Aktivität von Motorneuronen oder sensorischen Neuronen?