Das Einstiegsexperiment für die Muscle SpikerBox Pro: antagonistische Muskelpaare
Du hast bereits das Experiment: "Miss' Elektrizität die durch deinen Muskel strömt!" gemacht und etwas über die menschliche Physiologie durch deine Elektromygramme gelernt? Dann weißt du bereits, dass elektrische Impulse deine Muskelfasern zum kontrahieren bringen. In diesem Experiment wirst du einen noch tieferen Einblick in die Funktionsweise deiner Muskeln bekommen. Hier wirst du etwas über antagonistische Muskelpaare lernen und dass wir sie in nahezu jeder Lebenssituation brauchen. Um unser Gleichgewicht zu halten, für unsere aufrechte Körperhaltung und natürlich auch um unsere Bewegungen exakt zu koordinieren.
Was lernt man hier?
Mach' dich mit der Muscle SpikerBox Pro vertraut und verstehe wie Muskelpaare unterschiedliche Körperteile ansteuern und bewegen. Dadurch bekommst du einen Einblick was der Unterschied zwischen Agonist (Bewegung durch Kontraktion) und Antagonist (Gegenbewegung) ist. Kombiniert geben sie dir die Möglichkeit jede Art von Bewegungen punktgenau durchzuführen. Nach diesem Experiment weißt du auch was ein Flexor und was ein Extensor macht.
Voraussetzung
- "Miss' Elektrizität die durch deinen Muskel strömt!" - Du solltest erst einmal dieses Experiment durchlesen/durchführen damit du weißt, was ein Elektromyogramm (EMG) und eine motorische Einheit ist.
Ausrüstung
Hintergrund
Wie im Experiment: "Miss' Elektrizität die durch deinen Muskel strömt!" beschrieben: sobald du dich dazu entscheidest eine Bewegung durchzuführen, schicken obere Motorneurone aus deinem Motorkortex Aktionspotentiale (Spikes!) entlang dem Kortikospinaltrakt zur Wirbelsäule wo sie Synapsen mit den unteren Motorneuronen haben um das Signal zu den Muskeln weiterzuleiten. Jedes Motorneuron bildet zusammen mit den Muskelfasern die es steuert eine "motorische Einheit". An dieser neuromuskulären Verknüpfung wir der Neurotransmitter Acetylcholin ausgeschüttet. Dies wiederum führt zu einem Aktionspotential in der Muskelfaser! Die Muskelfasern werden durch ein anregendes (exzitatorisches) Signal angeregt und kontrahieren. Wir bewegen uns!
In deinem Körper steuern Kaskaden von elektrischen und chemischen Signale deine Bewegungen! Aber: Jede Bewegung wird meistens nicht nur durch einen einzelnen sondern durch ein Zusammenspiel mehrerer Muskeln ausgeführt. Unsere Skelettmuskulatur besteht aus über 600 Muskeln! Die meisten davon treten in antagonistischen Paaren auf. D.h.: wenn ein Muskel kontrahiert (sich verkürzt), entspannt sich sein Partner (wird gedehnt). Dadurch können wir unsere Bewegungen präzise koordinieren und zum Beispiel unsere Nasenspitze berühren ohne uns selber ins Gesicht zu schlagen.
Lasst uns noch ein bisschen mehr über antagonistische Muskelpaare lernen. Dafür schauen wir uns das Zusammenspiel unseres Oberarmbizeps (biceps brachii) mit seinem Trizeps an (triceps brachii).
Zuvor klären wir aber noch ein paar Fachbegriffe: Die "Beugung" verringert den Winkel zwischen zwei Körperteilen. Kontrahierst du deinen Bizeps, beugt sich dein Arm. Das heißt: dein Unterarm nähert sich deinem Oberarm durch die Verringerung ihres Winkels zueinander. Deswegen wird der Bizeps auch als "Beuger" bezeichnet und der Trizeps als "Strecker". Wenn du deinen Trizeps anspannst, streckst du deinen Arm und der Winkel zwischen Unterarm und Oberarm wird wieder größer. Die Bezeichnungen "Beuger" und "Strecker" sind intrinsich definieren ihre Funktionsweise. Ein Beuger wird somit immer zu einer Beugung führen und ein Strecker immer zu einem Strecken, niemals andersherum.
Okay, damit können wir zurück zum Antagonismus kommen. Ein antagonistisches Muskelpaar ("Agonist" und "Antagonist") wirkt entgegengesetzt zueinander. Der eine Muskel bewegt ein Körperteil, der andere bringt es in die Ausgangsposition zurück. Bei fast jeder Bewegung wird der "Agonist" angespannt und der "Antagonist" entspannt währenddessen. Diese Bezeichnungen können allerdings immer wieder wechseln. Veranschaulichen wir das mit unserem Beispiel von oben. Nehmen wir an du winkst einem Freund zu: wenn du deine Hand von dir wegbewegst, du also deinen Arm streckst ist der Trizeps der Agonist, da er angespannt wird und der Bizeps der Antagonist, da er entspannt.
Bewegst du deine Hand wieder näher zum Köper führst wechselt das antagonistische Muskelpaar seine Rollen. Der Bizeps spannt an und wird zum Agonist. Der Trizeps entspannt und wird zum Antagonist. Siehst du den Unterschied zwischen den Bezeichnungen Beuger/Strecker und Agonist/Antagonist? Der Beuger wird per Definition immer die beugende Bewegung verursachen und ist dabei der Agonist, sobald du deinen Arm aber wieder streckst wird er zum Antagonisten. Ein Muskel wird wegen seiner Funktion also immer ein Beuger/Strecker bleiben, kann wird aber bei zwei entgegensetzten Bewegung einmal als Agonist und das andere mal als Antagonist bezeichnet.Leider ist es nicht immer so einfach. Bei manchen Bewegungen, wie zum Beispiel Liegestütze, bleibt der Agonist der Agonist obwohl wir einen Richtungswechsel in der Bewgung sehen. Egal ob du deinen Körper zum Boden senkst oder ihn nach oben drückst, bei einem Liegestütz ist immer dein Trizeps der Agonist. Das liegt an der Schwerkraft. Durch diese, konstant nach unten drückende Kraft, muss dein Trizeps durchgehend kontrahiert werden um dich über dem Boden zu halten. Ach, und wenn wir schon dabei sind: auf den Boden und 20 Liegestütze!
Es ist also wichtig, dass du dich in jeder Lebenslage auf deine Muskeln verlassen kannst, denn selbst wenn du dich nicht aktiv bewegst müssen ständig zahlreiche Muskeln dafür sorgen, dass dein Körper unter Spannung steht. Richtig, selbst wenn du nur faul auf dem Sofa liegst, schickt dein Gehirn Signale an Muskeln, damit sie kontrahieren. Zusammengefasst bedeutet das, dass die ganze Zeit Aktionspotentiale von deinem Gehirn (vor allem aus dem Motorkortex) über Nerven an viele Muskeln gesendet werden, egal ob du willentlich eine Bewegung einleitest oder nur in einer Position verharrst.
Experiment
Genug Theorie, jetzt geht's ans Eingemachte und wir benutzen unsere Muscle SpikerBox Pro um antagonistische Muskelpaare zu untersuchen.
- Wir beginnen mit unserem Paradebeispiel und platzieren zwei Elektrodensticker auf unserem Bizeps und verbinden die zwei roten Alligatorclips des "Channel 1" (linke orangene Buchse) mit den Metallknubbeln unserer Elektroden. Danach machst du das Gleiche mit deinem Trizeps. Zwei Elektrodensticker werden mit den roten Alligatorenclips verbunden und das Kabel in "Channel 2" gesteckt. Schlussendlich musst du noch die beiden losen schwarzen Alligatoren mit einem Elektrodensticker verbinden, der auf deinem Handrücken platziert wird. Dadurch erdest du beide Kanäle.
- öffne dieSpikeRecorder Software. Als nächstes verbindest du deine MusclePro mit deinem Computer über das rote USB Kabel. Sobald du das gemacht hast, solltest du ein neues Symbol auf deinem Bildschirm sehen. Klick darauf um die MusclePro mit der App zu paaren.
- Um deinen EMG Signalen zu lauschen, dreh' einfach an dem Rädchen bis du ein Rauschen hörst wenn du deinen Bizeps oder Trizeps kontrahierst. Schau gleichzeitig auf das Software-Programm und beobachte die Signale! Falls deine Signale über den Rand hinausschießen (clippen), kannst du auf das + und - Symbol auf der linken Seite klicken um sie jeweils zu verändern.
- Siehst du die Signale? Im Beispiel oben wird das rote Signale durch irgendetwas verrauscht! FALLS du so etwas siehst, versuche deinen Laptop von der externen Stromquelle zu lösen oder geh' an einen weniger "rauschigen" Ort.
- Jetzt beginnt das Experiment!
A) Fangen wir mit Winken an. Winkt jemand zurück? Was denkst du, welche Muskeln du für diese Bewegung brauchst? Um deine Hypothesie zu testen, designe eine Experiment indem du den Platzierungsort deiner Elektrodensticker veränderst bis du ein EMG voller Aktionspotentiale siehst. Und denke immer daran ein guter Wissenschaftler zu sein: Dokumentiere was du machst und nehme die Signale auf! In den Screenshots unten sind die grünen Signale vom Trizeps und die roten vom Bizeps. Dort siehst du wie unsere Testperson zu winken anfängt indem der Bizeps angespannt wird. Dann streckt sie wieder den Arm durch Anspannen des Trizeps und danach weiter beides abwechselnd. Was sehen wir in diesen Daten? Erstens, keiner der beiden Muskeln ist komplett entspannt während den Bewegungen, aber die Signalstärke verändert sich! Entweder ist das Bizepssignal stärker oder das Trizepssignal.
Kannst du mit übertriebener Stärke diesen Gruß ausführen. Dadurch kann man die EMGs besser hören und sehen. Dabei gehts nicht um Schnelligkeit, sondern wie stark du die jeweiligen Muskeln bewegst. Jetzt sollte der Unterschied noch besser zu sehen sein (siehe unten). Kannst du nur durch Beobachten der beiden EMGs erkennen welches Signal der Beuger ist? Wie ist's mit dem Strecker?B) Der Antagonist zeigt auch Aktionspotenitale? Warum ist das so? Führe unterschiedliche Armbewegungen durch bis dein Antagonist komplett still ist (keine Spikes!).
- Jetzt geht's einen Schritt weiter: geh wieder in den Liegestütz! (Wahlweise kannst du dich auch an der Tischkante abstoßen, nach den vorherigen 20 bist du vielleicht schon müde). Kannst du nur anhand deines EMGs sehen wann der Trizeps der Agonist ist? Bei der Bewegung nach unten oder bei der Bewegung nach oben?
Das sind unsere Resultate (erneut Bizeps in Rot, Trizeps in grün):
Der Screenshot von oben zeigt uns die zwei EMGs während den Phasen eines Liegestütz. Anfangs sind die Arme ausgestreckt und danach wird der Körper langsam gesenkt. Das Bizepssignal sieht aus wie vom entspannten Antagonist und vom Trizeps nehmen wir viele Aktionspotentiale auf. Er ist der Agonist bei dieser Bewegung! Wenn wir uns wieder nach oben drücken sehen wir, dass obwohl sich die Richtung der Bewegung verändert hat, der Trizeps immer noch der Schwerkraft trotzen muss und somit der Agonist bleibt.
Anregungen:
Fallen dir noch andere antagonistische Muskelpaare ein? Probiers' aus und teste deine Hypothese indem du EMGs der beiden Muskeln aufnimmst. Denk daran, vom Agonist sollten viele Spikes kommen und vom Antagonisten nur wenige bis keine. Ein weiteres Experiment wäre zwei Muskeln zu finden die Aktionspotentiale aufzeigen obwohl nur nur da stehst oder ruhig sitzt. Mit der Muscle SpikerBox Pro kannst du gleichzeit dein EMG mit dem eines Freundes vergleichen. Beobachte die EMGs beim Armdrücken!
Oder du machst ein berührungsfreies Armdrükcen indem derjenige der am längsten sein Spikes oben halten kann gewinnt!Keine Angst, versucht so viel aus wie möglich! Lasst uns an euren Ergebnissen teilhaben und schickt uns eine Email mit euren Entdeckungen hallo@backyardbrains.de!